Neues Jahr, neue Regeln und Gesetze: Zum 01. Januar 2012 müssen sich die Bundesbürger wieder auf zahlreiche Änderungen in den Bereichen Versicherungen und Finanzen einstellen. So sinkt etwa der Rentenbeitragssatz und die Rente gibt es erst ab 67 Jahren. Werbungskosten kann man nun pauschal bis zu 1.000 Euro absetzen. Im Bereich Pflege und in der medizinischen Versorgung sind vor allem zwei Gesetzesneuerungen interessant: Das Familienpflegezeitgesetz soll es Berufstätigen ermöglichen, ihre Arbeit und die Pflege von Angehörigen leichter zu vereinbaren. Das Versorgungsstrukturgesetz soll die die medizinische Versorgung auf dem Land verbessern. Die wichtigsten Neuigkeiten sind im Folgenden genannt.
Weiterführende Informationen:
Das neue elektronische Verfahren ELStAM (elektronische Lohnsteuer-Abzugsmerkmale) sollte eigentlich längst eingeführt werden, funktioniert aber zu Beginn des neuen Jahres noch nicht. Deshalb gilt auch im Jahr 2012 die alte Lohnsteuerkarte von 2010 unverändert weiter. Für Arbeitnehmer besteht kein Handlungsbedarf, solange sie in ihrem alten Job verbleiben und keine Änderungen der Besteuerungsdaten vorliegen. Wer jedoch seinen Job wechselt oder Änderungen der Daten vornehmen will, muss einen Antrag beim Finanzamt stellen. Der Arbeitnehmer erhält dann einen Ausdruck seiner Lohnsteuerdaten oder eine Ersatzbescheinigung, die dem neuen Arbeitgeber vorzulegen sind.
Grunderwerbsteuer
Beim Kauf von Immobilien (z.B. Häuser oder Eigentumswohnungen) mit Grund und Boden fällt eine Grunderwerbsteuer an. Nachdem 2006 die Kompetenz vom Bund auf die Länder übergegangen ist, erhöhte ein Bundesland nach dem anderen diese Abgabe. Während es früher bundeseinheitlich 3,5 Prozent waren, sind viele Bundesländer mittlerweile bei 5,0 Prozent angelangt, etwa Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Thüringen und Brandenburg. Gegen eine Erhöhung wehren sich momentan noch Bayern (3,5%), Hessen (3,5%), Mecklenburg-Vorpommern (noch 3,5%, jedoch ab 1.07.2012 5%) und Sachsen (3,5%). Ab 2012 steigt zudem die Steuer in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz auf 5,0 Prozent vom Kaufpreis an. In den Bundesländern Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachen und Sachsen-Anhalt beträgt der Grunderwerbssteuersatz derzeit 4,5%, im Saarland 4,0%.
Werbungskosten
Künftig können 1.000 Euro statt 920 Euro Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden (Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages). Für ca. 60% der steuerpflichtigen Arbeitnehmer ist damit kein Einzelnachweis dieser Kosten nötig, d.h. das Sammeln von Belegen für die Aufwendungen nicht mehr notwendig. Die Änderung gilt rückwirkend für 2011.
Entfernungspauschale
Die Berechnung der Entfernungspauschale wird ab 2012 einfacher. Wer öffentliche Verkehrsmitteln für den Arbeitsweg nutzt, kann entweder die Pendlerpauschale von 30 Cent/km oder den preislichen Mehraufwand für Bus- oder Bahntickets als Werbungskosten geltend machen. Ab 2012 ist es verboten, eine der entsprechenden Optionen tageweise zu wählen, um Kosten zu optimieren. Derartige Ausgaben werden seitens des Finanzamtes lediglich berücksichtigt, wenn deren Gesamtsumme über einer Jahresentfernungspauschale von 4.500 Euro liegt..
Pauschale für Ausbildungskosten
Diese steigt von 4.000 Euro auf 6.000 Euro. Anfallende Studienkosten können als Sonderausgaben steuerlich abgesetzt werden. Nützlich ist dies für Auszubildende bzw. Studenten mit einem hohen Verdienst.
Kinderbetreuungskosten
Die Ausgaben für die Kinderbetreuung kann man fortan als Sonderausgabe absetzen, ohne dass diese mit erwerbsbedingtem Aufwand zusammenhängen. Die bisherige Unterscheidung von erwerbsbedingtem oder nicht erwerbsbedingtem Aufwand entfällt. Auch persönliche Voraussetzungen für den Anspruch werden hinfällig. Eltern können zwei Drittel ihrer Betreuungskosten je Kind bis 14 Jahre von der Steuer absetzen, maximal jedoch 4.000 Euro im Jahr. Für Kinder mit Behinderung gilt die Absetzbarkeit der Betreuungskosten sogar ohne zeitliche Begrenzung.
Kindergeld: Einkommensprüfung wird abgeschafft
Um Anspruch auf Kindergeld zu haben, mussten Kinder ab 18 Jahren bisher nachweisen, dass sie während ihrer Ausbildung weniger als 8.004 Euro jährlich verdienen. Doch diese Grenze entfällt: Ab 2012 haben Kinder unter 25 Jahren unabhängig von ihrem Jahreseinkommen ein Anrecht auf Kindergeld, solange sie sich in ihrer Erstausbildung befinden oder ihrem Erststudium nachgehen. Bei einer Zweitausbildung entfallen Kindergeld und Freibeträge nur dann, wenn der Sohn oder die Tochter parallel zur Ausbildung einen Nebenjob mit mehr als 20 Wochenstunden Arbeitszeit hat.
Kirchensteuer
Die eigene Bank erhält das Recht, jährlich die Konfessionszugehörigkeit ihrer Kunden abzufragen. Das bedeutet, ein Bankkunde kann zukünftig nicht mehr auswählen, ob die Kirchensteuer direkt vom Finanzamt eingefordert wird oder nicht. Die Steuer kann ebenso von der eigenen Bank einbehalten und von dieser an das Finanzamt abgeführt werden.
Rentenversicherungsbeiträge
Seit dem Jahr 2005 haben abhängig Beschäftigte die Möglichkeit, einen Teil ihrer Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgabe steuerlich geltend zu machen. Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung können ab 2012 zu einem höheren Prozentsatz von der Steuer abgesetzt werden. Der absetzbare Anteil steigt pro Jahr um 2% (von 60% auf 100%, bis zum Jahr 2025).
steuerpflichtiger Teil der Renten steigt an
Seit dem Jahr 2005 werden die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Anteil aufgeteilt. Der steuerpflichtige Teil errechnet sich aus dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgeblichen Prozentsatz. Der steuerpflichtige Anteil wird hierbei so besteuert, als würde es sich um Einnahmen aus wiederkehrenden Bezügen handeln.
Wer im Jahr 2012 sein Rentenalter erreicht, muss sich mit einen niedrigeren steuerfreien Rentenanteil von 36% begnügen. Im Jahr 2005 erhielten Neurentner noch 50 Prozent des Rentenbetrages als lebenslangen Freibetrag zugesprochen. Neurentner des Jahres 2012 müssen also einen um 11,2% oder 1.092 Euro geringeren Versorgungsfreibetrag als die Neurentner des Jahres 2005 in Kauf nehmen.
Solarförderung
Ab Januar 2012 gibt es weniger staatliche Förderung für neu errichtete Photovoltaikanlagen. Im Durchschnitt sinkt diese um 15 Prozent. So bekommen Inhaber von Photovoltaikanlagen mit bis zu 30 kW nur noch 24,43 Cent je kWh. 2011 waren es noch 28,74 Cent je Kilowattstunde. Dennoch ist eine Photovoltaikanlage durchaus lohnenswert. Sinkende Preise für die Anlagen und die 20-jährige Preisbindung machen das Geschäft mit der Sonne weiterhin interessant.
Altersvorsorge
Anhebung des Rentenalters
Ab dem Jahr 2012 beginnt die schrittweise Anhebung des gesetzlichen Rentenalters von derzeit 65 Jahren auf 67 Jahre. Betroffen sind zunächst jene Jahrgänge, die im Jahr 1947 geboren wurden: sie müssen zusätzlich zu den 65 Jahren einen weiteren Monat arbeiten, bis sie ihre volle Pension ausgezahlt bekommen. Bei Erwerbstätigen des Geburtsjahrganges 1948 sind es bereits 2 Monate zusätzliche Arbeitszeit, beim Jahrgang 1949 sind es 3 Monate. So wird das Renteneintrittsalter etappenweise erhöht. Wer im Jahr 1964 oder später geboren ist, erhält seine volle Rente schließlich erst mit 67 Jahren ausgezahlt. Ein vorzeitiger Berufsausstieg bedeutet dann empfindliche Einbußen beim Ruhegeld.
Riester-Rente
Zum Jahreswechsel treten wichtige Neuerungen bei der staatlich geförderten Riester-Rente in Kraft. So wird der frühestmögliche Auszahlungsbeginn angehoben. Konnten Riester-Sparer bisher ihre Rente ab dem vollendeten 60. Lebensjahr in Anspruch nehmen, ist dies für Neuverträge zukünftig erst ab dem vollendeten 62. Lebensjahr möglich. Zwar sind auch frühere Auszahlungstermine vereinbar, jedoch entfallen dann alle staatlichen Zuschüsse wie Grundförderung und Kinderzulagen.
Sparer mit Bestandsverträgen sind von der Neuregelung nicht betroffen. Wer seinen Vertrag bereits vor dem 01. Januar 2012 abgeschlossen hat, erhält die Zahlungen wie gewohnt ab dem 60. Lebensjahr.
Zudem muss jeder Riester-Sparer zukünftig einen jährlichen Sockelbeitrag von 60 Euro einzahlen, wenn er staatliche Zulagen oder Steuervorteile im vollen Umfang erhalten will. Bisher war es über sogenannte „Ehegattenverträge“ möglich, dass ein nicht rentenversicherungspflichtiger Ehepartner seinen Vertrag beitragsfrei stellte und dennoch von den staatlichen Zulagen profitierte. Doch ab Januar müssen auch sogenannte „mittelbar Zulagenberechtigte“ den Mindesteigenbeitrag leisten, um nicht auf die Zulagen verzichten zu müssen.
Riester-Sparer, die keine oder zu geringe Eigenbeiträge eingezahlt haben und aufgefordert werden, die staatliche Förderung zurückzuzahlen, können fehlende Beiträge nun auch nachträglich entrichten. Der Gesetzgeber gestattet es, dass Nachzahlungen bis zu Beginn der ersten Rentenleistung möglich sind.
Der Garantiezins auf den eigenen Sparanteil wird zudem von 2,25 Prozent auf 1,75 Prozent gesenkt.
Rürup-Rente
Steuervorteile gibt es auch für Selbstständige in Form der Rürup-Rente. Diese zahlen gemeinhin nicht in die gesetzliche Rentenkasse ein. Ab 2012 können sie 74% der Beitragszahlungen absetzen (bis zu einem Höchstbeitrag 20.000 Euro der Einzahlungen). Bis 2025 steigt dieser absetzbare Anteil auf 100%.
Betriebliche Altersvorsorge
Auch die betriebliche Altersvorsorge kann, wie die gesetzliche Rente, ab dem 01. Januar 2012 in neuen Verträgen erst ab dem 62. Lebensjahr gewährt werden, wenn sie steuerlich anerkannt werden soll. Die Beitragsbemessungsgrenzen steigen in der baV leicht an: Einzahlungen mittels der betrieblichen Altersvorsorge in einen Rentenvertrag o.ä. bleiben ab 2012 daher bis 2.866 Euro von Steuern und Sozialabgaben befreit.
Arbeit und Soziales
Arbeitslosengeld II
Ab 2012 gelten höhere Regelsätze für das ALG II. Die monatlichen Zuwendungen werden für Ledige und Alleinerziehende um 10 Euro, für Verheiratete um 9 Euro aufgestockt. 299 Euro statt zuvor 291 Euro erhalten Volljährige ohne eigenen Haushalt, Kleinkinder (bis 6 Jahre) erhalten 4 Euro mehr.
Medizinische Versorgung und Pflege
Versorgungsstrukturgesetz
Dieses neue Gesetz wurde zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung auf dem Land sowie der gesamten Versorgungsstruktur in den gesetzlichen Krankenkassen geschaffen. Damit Ärzte sich auch auf dem Land niederlassen, entfällt künftig etwa die Residenzpflicht, d.h. Ärzte müssen nicht mehr dort wohnen, wo sie arbeiten. Zu den Verbesserungen für gesetzlich Versicherte zählen Leistungserweiterungen, insbesondere für chronisch und schwer Kranke. Auch sollen sich die Wartezeiten bei Fachärzten verkürzen, so können auch Krankenhausärzte fachärztlich versorgen. Der ärztliche Bereitschaftsdienst erhält eine bundesweit gültige Notdienstnummer: 116117. Zudem ist bis zum Ende des Jahres vorgesehen, dass mindestens 70 Prozent der Versicherten die elektronische Gesundheitskarte erhalten. Für Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftige Personen ist die Zahnarztbehandlung in den eigenen vier Wänden zukünftig möglich. Als Reaktion auf Insolvenzanmeldungen einiger gesetzlicher Versicherer wird Versicherungsnehmern bei Insolvenz ihrer Kasse der Wechsel zusätzlich vereinfacht. Schließlich wird auch die ärztliche Behandlung transparenter: Die Patienten werden über die Kosten ärztlicher Leistungen aufgeklärt.
Neuregelungen zur Praxisgebühr sind in der Diskussion.
Daneben gibt es eine neue Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ). Für die Zahnärzte ist es ab zahntechnischen Leistungen über 1.000 Euro Pflicht, dem Patienten einen Kostenvoranschlag anzubieten.
Familienpflegezeitgesetz
Berufstätige, die pflegebedürftige Angehörige haben, sollen von dem ab 1. Januar 2012 in Kraft tretendem Gesetz profitieren: Ihnen wird ermöglicht, die eigene Arbeitszeit für maximal zwei Jahre zu reduzieren, um Pflege und Beruf vereinbaren zu können. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können einen Vertrag zur Familienpflegezeit abschließen, jedoch besteht seitens des Arbeitgebers hierzu keine Pflicht.
Höhere Leistungen in der Pflegeversicherung:
Die Pflegesätze in der Pflegeversicherung werden laut Bundesgesundheits-Ministerium 2012 angehoben. Für die häusliche Pflege in der Pflegestufe I gibt es im neuen Jahr 450 statt 440 Euro, in der Pflegestufe II 1.100 statt 1.040 Euro, in der Pflegestufe III 1.550 statt 1.510 Euro.
In der vollstationären Pflege steigen die Leistungen für die Pflegestufe III ebenfalls von 1.510 auf 1.550 Euro und für Härtefälle von 1.825 auf 1.918 Euro.